Roter Lloyd auf den Spuren von Rothaut Winnetou

Eigentlich….ja, eigentlich sollte uns unser Sommerurlaub 2009 mit
dem Flugzeug nach Südafrika führen zu einem Familientreffen. Da
dieses aber aus verschiedenen Gründen ausfiel, trat eine verrückte
Idee immer mehr in den Vordergrund: wir könnten ja mit dem Lloyd
irgendwohin fahren – ist ja mindestens genauso schön wie fliegen!!
Gesagt –getan.
Im Frühjahr lasen wir mit Lara und David den Kinderroman „ Die rote
Zora“ und schließlich ergab es sich, dass wir alle dieses Land sehen
wollten, in dem auch der gleichnamige Film in den 70 igern gedreht
wurde – nämlich Kroatien.

Auf der steinwüstenähnlichen Insel Pag.

So packten wir den ganzen Campingkrempel auf den Dachgepäckträger ( bis er sich fast durchbog ), in den großräumigen Kofferraum, zwischen uns und neben uns. Wir setzten uns auf die nicht so ganz wichtigen Dinge drauf…kurz, es wurde alles verstaut, was 4 Personen für 3 Wochen zum Überleben brauchen: Dudelsack für André, Barbiepuppen für Lara, Traktor natürlich mit Ladeanhänger für David und Krimi und 2 Zusatzdecken für die Mama, Schnorchel, Taucherbrillen, Schlauchboot, Campingtisch und Stühle für alle und..und..und….

 

Mit guter Laune verließen wir am 3. August 2009 das vertraute Markt Wald im Unterallgäu, um dem Abenteuer direkt gegenüber zu treten. Bei strömendem Regen kamen wir immerhin bis Salzburg, aber nur, weil ich ständig das Autoradio gegen das Armaturenbrett drückte, um dadurch den Scheibenwischermotor auszulösen, der bei 100 Litern/m² freiwillig nicht mehr wollte, und André permanent mit Taschentüchern die Scheibe von innen wischte. Kurz vor dem Krampf in den Fingern kehrten wir bei einem Freund ein und baten um Unterschlupf, den er uns gerne gewährte. Trocken und erneut guter Laune fuhren wir am nächsten Morgen weiter Richtung Südosten und – beflügelt von der magischen Anziehungskraft des Meeres – erreichten wir am Nachmittag Senj an der kroatischen Adriaküste.

 

Die Zöllner an der slowenisch-kroatischen Grenze waren so angetan von unserem schönen Lloyd ( zumindest sagten sie das, vielleicht war es aber auch nur unsere Verrücktheit, die sie bewunderten ??), dass sie uns sogar durchwinkten, nachdem sie festgestellt hatten, dass einer der Kinderpässe schon seit über einem Jahr abgelaufen war. Ist das Leben nicht schön?

Blick von einem der fast 1000m hohen Pässe auf das Meer und die vorgelagerten Inseln Krk und Raab.

Völlig überwältigt von den schönen Eindrücken fanden wir einen kleinen privaten Campingplatz direkt am Meer unter schattenspendenden Mandel-und Feigenbäumen. Dank der gnadenlosen Hitze konnten wir sogar manche Nächte draußen unter freiem Sternenhimmel schlafen. Auf den Spuren der roten Zora erforschten wir die Stadt Senj, die Uskokenburg Nehaj und das Umland. Für die 2 kleinen und uns 2 große Kinder einfach beeindruckend!

 

Obwohl gar nicht geplant, stellten wir fest, dass ja auch die berühmten Winnetou-Filme hier in Kroatien und teilweise auch in Slowenien gedreht worden waren und so setzten wir unseren kleinen, roten Lloyd auf die Spuren von Rothaut Winnetou an. Er führte uns an die Plitwicer Seen, wo „ Der Schatz im Silbersee“ gefilmt wurde, an die Krka Wasserfälle, wo Old Shatterhand mit Winnetou’s Schwester anbandelte und an die Zrmanja-Schlucht, wo einst das Pueblo von Winnetou errichtet war und viele Szenen in mehreren Karl May Filmen gedreht wurden.

 

Das war schon ein großer Moment, dort zu stehen, wo sich Anfang der 60 iger Jahre Winnetou und Old Shatterhand ewige Freundschaft geschworen hatten. Der Lloyd wurde ganz rot vor Stolz und stellte sich in die besten Fotoposen.

Hoch über dem Zrmanja-Canon, schlossen im Film Winnetou und Old Shatterhand Blutsbrüderschaft. Hier Old André mit Henrystutzen (ein Ast) und Blutsbruder Lloyd.

Ein weiterer Ausflug führte uns von Meereshöhe über Schotterstraße den knapp 1000 m hohen Mali Alan Pass hinauf bis hin zum Sterbefelsen von Winnetou’s Vater und Schwester. Abgesehen von der geschichtsträchtigen Filmkulisse waren es wunderschöne Orte, Eindrücke und Blicke, die wir sehen, erleben und genießen durften.

Hier am Mali Alan-Pass wurden die Szenen rund um den Tod von Winnetou’s Vater und seiner Schwester mit Mario Adorf als „Bösewicht“ gedreht.

Weitere Erkundungstouren führten uns noch auf die Inseln Krk und Pag, wo der Lloyd sogar Autofähre fahren durfte. Das einzige farbige Auto zwischen all’ den modernen silbernen und schwarzen klimatisierten Alltagsfahrzeugen. ( Hand aufs Herz: eine Klimaanlage haben wir nur ab 45 Grad Innentemperatur vermisst ).  Grandiose Ausblicke boten uns Fahrten direkt an der Küstenstraße entlang. Eine Bucht schöner als die andere, eine vorgelagerte Insel bizarrer als die nächste. Komisch nur, dass unser Lloyd immer bei diesen schönen Ausblicken „plötzlich nur noch“ 50 km/h fahren wollte, obwohl er vorher flüssig im Strom mithalten konnte. Fröhlich winkend überholten uns die anderen und wir genossen und lachten zurück. 

 

Trotz aller schönen Erlebnisse war auch das Thema „Krieg“ oft Gesprächsstoff in diesem Urlaub und für unsere Kinder ein bis dato nie durchdachtes Novum. Viele Spuren hat der Krieg im ehemaligen Jugoslawien hinterlassen: überall abseits der Wege stehen Warnschilder vor Bodenmienen, viele noch heute mit Einschusslöchern in den Fassaden stehende Häuserruinen, viele schwarz gekleidete Frauen. Alles nicht an der Küstenstraße für Touristen, aber im Hinterland oder Richtung Bosnien nicht zu übersehen.

 

Nach 3 erfüllten Wochen packten wir schweren Herzens den Lloyd für die Heimfahrt, die zusätzlichen 10 Kilo Muscheln, Steine, Seeigelskelette und sonstige Beutestücke von unseren Tauchgängen nicht zu vergessen.

Blick vom Festland auf die Insel Pag.

Die Morgenkühle ausnutzend, fuhren wir um 6.30 Uhr am 21.August Richtung Heimat los und waren – nach einigen kleineren und größeren Pausen und einer halben Stunde Wartezeit vor dem Tauerntunnel – um 22.30 Uhr wieder vor unserer Haustür. Es ist sehr schön, hinaus zu fahren und die Welt zu entdecken, aber es ist auch schön, in ein gemütliches Zuhause zu kommen, wofür wie sehr dankbar sind!!

 

Einen Tag nach unserer Rückkehr wollten wir uns beim Lloyd gebührend bedanken und sind ins 15 km entfernte Mindelheim gefahren, um ihn zu waschen, zu polieren und zu saugen. Wie direkt aus dem Werk und mit stolz geschwellter Motorhaube fuhr er uns bis 3 km vor Markt Wald, als ihn plötzlich alle Kräfte verließen. Die Zündkerze war aus dem Zylinderkopf herausgerissen und mit letztem Aufbäumen kamen wir noch nach Hause. So ein „ Dusel“ hat man doch nur einmal – ist das Leben nicht immer noch schön?

 

Unterdessen ist der Zylinderkopf vom Fachmann in Augsburg gerichtet und der Lloyd fährt wieder wie neu. Ob er spürt, dass wir schon den nächsten Urlaub planen? Wir glauben auch er genießt und lacht zurück….. 

 

Wir hoffen, wir konnten Euch allen einen kleinen Eindruck von unserer Reise mit dem Lloyd durch Kroatien vermitteln und vielleicht Mut machen, auch mal etwas ganz Verrücktes mit Eurem schönen Auto zu machen?! Wir haben nur freundliche Gesichter erlebt, keiner hat sich aufgeregt, alle wollten das Auto fotografieren und keiner hat das Kriegsbeil ausgegraben… 

 

In diesem Sinne viele Grüße aus dem herbstlichen Markt Wald von Euren Lloydfreunden 

 

André & Annette Schubert mit Lara und David

Der Zrmanja-Canon. Dort, wo der Lloyd steht, standen in den 60 igern die Marterpfähle, an denen Old Shatterhand und seine Freunde gefoltert werden sollten. Old Shatterhand konnte jedoch einen Zweikampf im eiskalten Fluß unten gewinnen.

Winnetou und er wurden daraufhin Blutsbrüder….