"Zum Morden in den Norden"

(oder: bayerischer Lloyd kehrt in seine nordische Heimat zurück)

Obiges Zitat fanden wir im Klapptext auf dem Cover eines Ostfriesenkrimis, der schon eine Weile bei uns auf dem Tisch lag und uns daran erinnerte, dass unser Urlaub kurz bevor stand. Zwar war ein Mord durchaus nicht unser erklärtes Urlaubsziel, aber in den Norden wollten wir definitiv und zwar nach Ostfriesland, dort wo aus unserem „Griaß di“ ein schlichtes, aber nicht unhöfliches „Moin“ wurde und wo man morgens keine „ Semmeln“ sondern leckere „Brötchen“ bekam. Aber, uns konnte nichts aus der Ruhe bringen, denn wir hatten unsere Ferienplanung sehr gewissenhaft betrieben und uns im Vorfeld den Film „Otto, der Außerfriesische“ mit Otto Waalkes angeschaut und fühlten uns somit bestens gerüstet.....

 

Aber der Reihe nach: am 04. August starteten wir – wie immer -  voll beladen mit unserem VW Bus Richtung Ostfriesland. Auf dem Anhänger fuhr unser kleiner roter Lloyd mit, der an der Küste unser Alltagsfahrzeug werden sollte. Alles Lebensnotwendige war ebenfalls dabei: Gitarre, Ukulele, Dudelsack, Tandem, Walkingstöcke, Lederhose als Hommage an Bayern,  eine große Landkarte von Österreich ( die entpuppte sich aber eher als lästig und nicht wirklich hilfreich ) und natürlich eine große Kiste mit Büchern.

Dort oben in Ostfriesland gefiel es dem Lloyd sichtbar und auch hörbar gut: er schnurrte zufrieden und rannte mit Tempo 100 über die doch für uns Unterallgäuer gewöhnungsbedürftigen platten Straßen. An einem Tag fuhren wir einem Schild nach, welches einen Berg auswies. Der war doch immerhin satte drei Meter hoch, aber wir waren trotzdem stolz, als wir nach ca. 1 km merkten, dass wir ihn bereits passiert hatten! Viele sprachen uns auf den Lloyd an, viele outeten sich selber als frühere Lloydfahrer und manch’ älterer Herr kam aus dem Lloydgeschichten erzählen gar nicht mehr heraus.

 

Schon bald stellten wir fest, dass es zwischen den Ostfriesen und den Bayern durchaus Ähnlichkeiten zu verzeichnen gibt: die Menschen dort oben haben viel von dieser herrlichen Mischung aus Gemütlichkeit und Ruhe aber gleichzeitig auch den nötigen charmanten Biss, um Traditionen zu vertreten und mit Stolz das Ostfriesentum zu bewahren. Genau das wirkt für Außenstehende in Bayern manchmal vielleicht befremdlich und der Umgang damit muss auch erst gelernt werden. Wenn man aber mal anerkannt und aufgenommen wurde, ist so eine Dorfgemeinschaft und ein Leben mit ihr und in ihr sehr, sehr schön und man fühlt sich getragen.

 

Viele schöne Dinge durften wir besichtigen in diesem Teil von Deutschland: den Leuchtturm von Pilsum, zwei Windmühlen, eine Seehundauffangstation, die kleine aber feine Werkstatt eines Blaudruckers, ein Bernsteinmuseum und natürlich das Watt hinter dem Deich.

André und ich besuchten ein Teeseminar, um das Warum, Wieso, Weshalb aber vor allem das W I E über den Ostfriesischen Tee zu erlernen. So kam es, dass wir auf dem Rückweg auch noch eine neue Teekanne, kiloweise Tee und viele Teetassen ( die richtigen natürlich ) im Gepäck hatten. Sollte jemand von Euch in 200 Jahren in den Geschichtsbüchern  lesen: „ Aus unerklärlichen Gründen hörten die Bayern im Jahre 2015 auf Bier zu trinken und entwickelten sich zu einer teetrinkenden Nation“, dann liegt der Ursprung wohl in diesem Ostfrieslandurlaub! Hier ein kleines, aber wunderschönes Detail des Seminars: die Ostfriesen geben die Sahne mit einem kleinen Löffel in den Tee und zwar gegen den Uhrzeigersinn. Mit der Begründung, damit beim Teetrinken für einen Moment die Zeit stehen bleibt und man die nötige Ruhe hat.  Genau das haben André und ich am vergangenen Wochenende bei uns hinterm Haus ausprobiert und siehe da, es funktioniert!

Ein Highlight war sicherlich der Besuch eines Windrades, wo in 65 Metern Höhe ein Glasrundgang direkt unter dem „Ei“, an dem die Rotorblätter hingen, angebracht war, bis zu welchem man hinaufklettern konnte mittels einer Wendeltreppe im Inneren des Turms. Da wir nur eine sehr kleine Gruppe waren, fragte uns der Betreiber, ob wir nicht mal ganz nach oben wollten....gesagt-getan. Drei abenteuerliche Leitern später öffnete er oben das Ei und wir standen mit windzerzausten Haaren mit dem Oberkörper draußen und waren mit den Rotorblättern sozusagen per du. Also: Leonardo DiCaprio und Kate Winslet können im Kinofilm „Titanic“ dagegen einpacken bei der Szene am Bug des Ozeanriesen!!

Ihr seht, der Lloyd hat uns wieder einmal zu vielen schönen Orten geführt, hat uns große Freude bereitet und zeigte sich von seiner besten Seite. Leider geht auch die schönste Zeit mal zu Ende und so luden wir ihn am 20.August wieder auf den Hänger und fuhren zuerst nach Hamburg. Dort durften wir zwei Nächte bei Ute, Uwe und Tim Schröder wohnen, da wir Karten für das Musical „ Phantom der Oper“ hatten. Drei Tage später kamen wir wohlbehalten wieder in Markt Wald an und können abschließend nur sagen, dass wir dankbar für das Erlebte sind und einen herrlichen Urlaub verbringen konnten.  Wir hoffen, Euch hat dieser kleine Bericht gefallen und ermutigt, auch mal wieder den Lloyd aus der Garage zu holen.  In diesem Sinne grüßen wir Euch alle ganz herzlich und verabschieden uns mit ein paar Lloydbildern aus Ostfriesland.

 

André & Annette Schubert